Einen wunderschönen guten Tag in den Norden. Da die gesamte Redaktion der Wetterfreaks Norddeutschland am vergangenen Wochenende ausgeflogen war, konnten wir leider nur sehr sporadisch auf die recht heftige Unwetterlage reagieren, wobei wir an dieser Stelle gerne noch einmal offizielles ein Statement dazu abgeben möchten.

Ich persönlich befand mich zu entsprechender Zeit auf dem Hurricane Festival bei Scheeßel (LK Rotenburg an der Wümme), welches aufgrund der Wetterlage aus Sicherheitsgründen mehrfach unterbrochen werden musste! Grund waren dabei nicht die in Intervallen aus dem Osnabrücker Raum, bzw. dem Weserbergland nordwärts ausgreifen schweren Gewitterzellen, sondern die über 48h aufsummierten Regensummen. Das Festival findet bereits seit über 20 Jahren auf dem Eichenring, einer unter Motorsportfans vielleicht bekannten Rennstrecke für Sandbahnrennen statt, welche keine Drainage besitzt, so dass die Wassermassen leider nicht abgeleitet werden konnten. Bis Samstagabend wurden in in den Kreisen Osterholz, Verden und Rotenburg 48-stündige Regenmengen zwischen 40mm und knapp 70mm registriert (Bremervörde: 62mm bis Samstag 20h), so dass das Gelände selbst unter vollem Einsatz von Feuerwehr und THW leider nicht trocken gelegt werden konnte. Das hatte zur Folge, dass der Spielbetrieb am Samstag bis zunächst 20h unterbrochen werden musste, wobei alle Anwesenden in ihren Zelten, bzw. den Autos ausharren mussten. Die starken Regenfälle wurden ab ca. 8:30h am Morgen durch eine sich immer wieder regenerierende Kette an Gewitterzellen verstärkt, welche immer wieder zu Naheinschlägen geführt haben (Ich muss dazu sagen, dass ich eine solch heftige Gewitterkette seit über 10 Jahren nicht mehr live mitbekommen habe). Der sicherste Ort bei Gewitter stellt in einer solchen Situation das Auto dar (Faradayscher Käfig), was selbstverständlich von vielen ignoriert wurde. Am Abend schien sich die Lage dann zu beruhigen, wobei es ab ca. 19h mit Überschwenken eines weiteren kurzwelligen Troganteils neuerlich zur Ausbildung einer markanten Schauerlinie kam, die dann von steifen Windböen der Stärke 6 begleitet wurden. Aufgrund der zusätzlichen Wassermassen (10mm/1h) konnte das Gelände nach Rücksprache mit den Sicherheitsorganen dann doch nicht mehr freigegeben werden, was bei vielen Gästen zu Unmut geführt hat. Trotzdem möchte ich den Verantwortlichen an dieser Stelle ein großes Lob bzgl. der Organisation aussprechen, was angesichts der unübersichtlichen, bzw. zeitweilig auch unberechenbaren Wetterlage recht schwierig schien. Das einzige heftige Unwetter inkl. Fallböen trat in der Nacht auf Freitag gegen 2h morgens auf, was zur Folge hatte, dass viele der auf dem Festivalgelände aufgebauten Pavillons „verweht“ oder vollständig zerstört wurden. In Zuammenarbeit mit den großen Wassermassen standen dann auch weite Teile des Camping-Geländes (Stoppelfeld) unter Wasser, was die einschlägigen Medien in den vergangenen Tagen immer wieder veröffentlicht haben (Siehe folgendes Bild)!

Ich möchte aber auch anmerken, dass eine solche Lage nichts „ungewöhnliches“ Darstellt und viele Festivalgänger darauf vorbereitet sind. Die damit verbundenen dramatischen Meldungen der Medien sind in den meisten Fällen stumpf übertrieben und entsprechen oft nicht der Wahrheit! Abschließend möchte ich noch einmal Bezug auf die schweren Gewitterzellen vom Freitagabend nehmen, die sich aus dem Osnabrücker Raum in Richtung Norden verlagert haben. In Ostwestfalen wurden dabei Regenmengen bis zu 90mm in 72h, sowie großkörniger Hagel gemeldet. Diese „Unwetter“ haben sich knapp südlich einer Linie Bremen – Hamburg schnell abgeschwächt, was aber nicht mit Sicherheit im Vorfeld prognostiziert werden konnte. Von daher war eine vorsorgliche Unterbrechung des Programms vollkommen richtig, auch wenn es am Ende lediglich einen kurzen Schauer gab – Sicherheit geht vor. Dass ein solcher Fall schief gehen kann, haben wir mit großem Bedauern auf dem Schwesternfestival „Southside“ in Neuhaus ob Eck (Kreis Tuttlingen / Baden-Würtemberg) gesehen – so dass die für das Hurricane getroffenen Entscheidungen als völlig richtig zu bewerten waren.

Nun werfen wir einen Blick nach vorne (Wetterlage). Aktuell befindet sich Norddeutschland vorderseitig eines langwelligen Troges über Mitteleuropa in einer frischen südwestlichen Höhenströmung. Am morgigen Dienstag kommt es über Irland neuerlich zu einer Austrogung, wobei uns die damit verbundene Achse bis zur Wochenmitte langsam ostwärts überquert. Zudem schwenkt in der Nacht auf Mittwoch ein damit korrespondierendes Frontensystem eines Tiefs vor Irland ebenfalls ostwärts, was neuerlich mit kräftigen Regenfällen verbunden sein könnte.
Im Detail: Am heutigen Montag werden wir von einem okkludierten Frontensystem eines Tiefs vor Island überquert. Das damit gekoppelte Regengebiet erreicht am Abend auch die mittleren Landesteile, wobei die zu erwartenden Regenmengen eher gering sein sollten. Im äußersten Nordwesten ist die Atmosphäre etwas labiler geschichtet, so dass es hier zu einzelnen kräftigen Schauern und Kaltluftgewittern kommen kann. Lokal können dabei Starkregen bis 15mm, sowie Windböen der Stärke 7 (~55 km/h) auftreten. Im äußersten Osten bleibt es zunächst trocken. Die Höchstwerte erreichen 16°C im Emsland, sowie 21°C in Ostniedersachsen, sowie MV. Auch unabh. einzelner Schauer- und Gewitterböen weht der Wind frisch bis stark aus westlichen Richtungen.
Am Dienstag ziehen letzte Regenfälle langsam ostwärts ab, so dass sich vielerorts wieder die Sonne durchsetzen kann. Ab den Mittagsstunden bilden sich aber besonders in den nördlichen Landesteilen neuerlich einzelne kräftige Schauer. Die Werte liegen zwischen 17°C an der Nordsee und 22°C im südlichen Niedersachsen.
In der Nacht auf Mittwoch könnte es neuerlich interessant werden. Dann zieht nämlich ein kleines Randtief unter Verstärkung von Irland zur südlichen Nordsee, wobei uns das korrespondierende Frontensystem schnell südostwärts überquert. Im Vorfeld der Front kommt dann aber noch die Trogachse, sowie ein kurzwelliger Troganteil ins Spiel, die beide für entsprechende Hebungsimpulse sorgen. Die Modelle zeigen dabei zunächst kräftige Regenfälle, die am Anfang durch aufgleitende Warmluft verursacht werden und sich im weiteren Verlauf konvektiv verstärken können. Betrachtet man die Wahrscheinlichkeit für Gewitter, so sollte diese trotz der zu erwartenden Kombination eher moderat ausfallen. Zum Thema Wind: Hier treffen wir neben einer markanten Windscherung gleichzeitig große Windgeschwindigkeiten an, so dass sich durchaus organisierte Strukturen (Squalline) bilden können, was zu Sturmböen der Stärke 8-9 (~65-90 km/h) führen kann – eine explosivere Entwicklung ist ebenfalls denkbar, aber aus jetziger Sicht nicht sehr wahrscheinlich. Wir halten euch auf dem Laufenden…
RZ Hannover