Einen wunderschönen guten Abend in den Norden. In den kommenden zwei Tagen steht die erste potentielle Schwergewitterlage des Jahres in den Startlöchern, die wir im Rahmen dieses kurzen Berichtes etwas näher beleuchten wollen. Zur Wetterlage: Norddeutschland gelangt auf die diffluente Vorderseite eines Troges im Bereich der Britischen Inseln in eine zunehmend wellende südwestlichen Höhenströmung. Randtröge umlaufen diese Struktur und sorgen immer wieder für dynamischen Hebungsantrieb, die die Ausbildung teils kräftiger Gewitter begünstigen. Zum Freitag werden wir zudem von einem Wellentief überquert, das es in sich hat und vor allem die mittleren und südlichen Landesteile treffen wird!
Der Donnerstag startet noch vielfach heiter, wobei von Westen zunehmend hohe und mittelhohe Wolken in unseren Bereich drücken. Im äußersten Westen und Nordwesten von Niedersachsen können bereits in den Frühstunden einzelne Gewitter mit Starkregen bis 20mm/h, Hagel und Sturmböen der Stärke 8-9 (~65-85km/h) auftreten, die sich im Laufe der Vormittagsstunden in Richtung Nordsee verabschieden werden. Ab den Mittagsstunden greifen von Westen vermehrt teils kräftige Schauer und Gewitter mit Starkregen um 25mm/h, Hagel und Sturmböen der Stärke 8-9 (~65-85km/h) auf das westliche Niedersachsen über, die in den Abendstunden auch die mittleren Landesteile erreichen können. Die verschiedenen Modelle zeigen hinsichtlich der räumlichen und zeitlichen Dimension noch deutliche Unterschiede, weshalb wir uns mit der Warnstrategie zunächst erst einmal zurückhalten werden. Ein Blick auf die wichtigsten Indizes (u.a. PPW bis zu 35mm, CAPE bei etwa 1000J/kg) zeigen jedoch alle notwendigen Zutaten für schwere Gewitter mit Starkregen bis lokal 35mm/h, Hagel und im Falle organisierter Strukturen auch schwere Sturmböen der Stärke 10 (~95km/h) oder orkanartige Böen der Stärke 11 (~105km/h). SHD, Swiss HD und UKMO zeigen z.B. eine durchgängige Gewitterlinie von der Nordseeküste bis ins Niedersächsische Bergland, während ECMWF und ICON-D2 deutlich zurückhaltender reagiert und größere Lücken in der Kette zeigen. Fazit: Besonders westlich der Weser besteht erhöhte Unwettergefahr, im weiteren Tagesverlauf vielleicht auch in den mittleren Landesteilen. Weiter östlich sollte erst einmal nichts passieren. In den Nachtstunden beruhigt sich das Wetter zunächst erst einmal, wobei die Konvektion in einigen Modellen nicht vollkommen zum Erliegen kommt.
UPDATE: Am Freitag greift zum späten Nachmittag ein kleines Wellentief (1006hPa Kernisobar laut ICON-EU) auf den Osnabrücker Raum über und verlagert sich unter Verstärkung bis Ausgangs der ersten Nachthälfte auf Samstag zum Oderhaff (1003hPa Kernisobare). Ein Blick auf die Indizes zeigt alle Zutaten für eine ausgewachsene Schwergewitterlage mit sehr hohem Unwetterpotential (Deep-Layer-Shear bis 35m/s, niedriges Hebungskondensationsniveau, PPW um 40mm, CAPE bis 1500J/kg), die in Form sehr schwerer Gewitter ab den frühen Nachmittagsstunden auf das südwestliche Niedersachsen übergreifen und zum späten Nachmittag das Weserbergland erreichen. Es ist sehr verbreitet mit Starkregen zwischen 30-50mm/h, großkörnigem Hagel bis 5cm und teils Orkanböen der Stärke 12 (~120km/h) zu rechnen, wobei der Schwerpunkt im südwestlichen und südlichen Niedersachsen liegen sollte. Hier wären sogar einzelne Tornados möglich! Etwas weiter nördlich (Emsland – Rügen) rechnen die Modelle mit gewittrig durchsetztem Starkregen und Mengen zwischen 30-60mm/6h. In den Abendstunden kommen wir dann auf die Westflanke der Welle, so dass in den mittleren und südlichen Landesteilen auch unabhängig der Gewitter mit Sturmböen der Stärke 8-9 (~65-85km/h) zu rechnen ist! Zu Beginn der zweiten Nachthälfte auf Samstag ziehen die letzten Niederschläge in Richtung Ostsee ab und das Wetter beruhigt sich! Wir möchten abschließend noch einmal explizit darauf hinweisen, dass es sich am morgigen Freitag um eine sehr gefährliche Wetterlage mit ggf. enormen Gefahrenpotential handelt! Bitte passt auf Euch auf und verfolgt die Warnlage mit besonderer Aufmerksamkeit!
RZ Hannover