Einen wunderschönen guten Tag in den Norden. Am vergangenen Freitag wurde das südliche Niedersachsen von einem vergleichsweise späten Wintereinbruch überrascht, wobei im Anstau der nördlichen Mittelgebirge bis zu 15cm Neuschnee zusammengekommen sind, was in dieser Form tatsächlich nicht alle Tage auftritt. Das Thema Schnee sollte in unserem Ausblick aber keine wesentliche Rolle mehr spielen. Die Zeichen stehen eher auf Sturm und Regen mit möglichem Überraschungspotential in der zweiten Wochenhälfte.
Analyse
Norddeutschland verbleibt auf der Westflanke eines umfangreichen Troges über dem östlichen Mitteleuropa, der sich mit seinem Drehzentrum über Nordskandinavien zu Beginn der neuen Woche etwas weiter nach Süden und Osten ausweiten kann und somit für eine Verstärkung der nordwestlichen Höhenströmung sorgt. In der Bodenwetterkarte lässt sich parallel dazu ein Tief bei Island analysieren, welches sich zügig in Richtung Skandinavien verlagert und in Verbindung eines Randtroges über den Norwegischen Gebirgen zu einem Sturmtief verstärken kann. Das damit korrelierte Frontensystem greift in den Frühstunden von Nordwesten auf unseren Bereich über und bringt besonders dem Nordwesten kräftige Niederschläge. Im Harz kann es oberhalb etwa 300-400m anfangs kräftig schneien, wobei GFS und ICON Neuschneemengen bis 15cm rechnen, bevor die Niederschläge mit zunehmender Milderung in Regen übergehen. Der Gradient zum o.a. Sturmtief kann sich sehen lassen, so dass verbreitet mit Sturmböen der Stärke 8-9 (~65-85km/h), exp. auch schweren Sturmböen der Stärke 10 (~95km/h) zu rechnen ist. Entlang der Küsten zeigen die hochauflösenden Modelle (u.a. ICON-D2) sogar orkanartige Böen der Stärke 11 (~105km/h), was nach derzeitigem Stand aber nicht flächendeckend auftreten sollte. Bis zur Wochenmitte zonalisiert die Strömung über Mitteleuropa zügig, wobei sich über den Britischen Inseln ein neues Tief ausbilden kann, welches auf der Südflanke der Trogstruktur in Richtung Mitteleuropa zieht. Pünktlich zur zweiten Wochenhälfte könnte sich daraus ein kleines aber pikantes Sturm-/Orkantief entwickeln, welches über Dänemark ostwärts schwenkt und für die nördlichen Landesteile eine durchaus knackige Sturmlage bedeuten könnte. Nach Lesart von ICON und UKMO stünden kurzzeitig orkanartige Böen der Stärke 11 (~105km/h) oder Orkanböen der Stärke 12 (~120km/h) mit deutlich höheren Spitzenböen auf dem Plan. Eine solche Entwicklung wäre allerdings alles andere als in trockenen Tüchern, da die angedeutete Intensivierung nicht von allen Globalmodelle (u.a. GFS, GEM) getragen wird. Abschließend noch ein Wort zum Thema Niederschlag. In einer zunehmend schleifenden Frontalzone werden in den mittleren und südlichen Landesteilen immer wieder Niederschläge erwartet, die sich bis zum Wochenende auf 30-100mm aufsummieren können (inkl. vorangegangenem Tauwetter mit erhöhten Abflussmengen). Die Schwerpunkte werden von den verschiedenen Modellen allerdings sehr unterschiedlich gerechnet, so dass eine konkrete Bewertung im Zweifelsfall im Nowcast durchgeführt werden muss. Zum neuen Wochenende gehen die Modellrechnungen bzgl. des Niederschlagsschwerpunktes dann deutlich auseinander.
Überblick
- Montag, 04.04.2022: Überwiegend bedeckt und von Nordwesten aufkommender Regen, der oberhalb etwa 300-400m anfangs als Schnee fällt. Im Harz sind bis zum Abend durchaus 5-15cm Neuschnee möglich – Glättegefahr. Abend gehen die Niederschläge bis in die Hochlagen in Regen über. Die Höchstwerte erreichen 4°C in den südlichen Landesteilen und 8°C an der Nordseeküste. Der Wind weht stark bis stürmische aus Südwest mit Sturmböen der Stärke 8-9 (~65-85km/h), exp. schwere Sturmböen 10Bf (~95km/h), entlang der Küsten einzelne orkanartige Böen 11Bf (~105km/h) nicht ausgeschlossen.
- Dienstag, 05.04.2022: Überwiegend bedeckt mit Niederschlägen, die sich am Nachmittag von Südwesten wieder verstärken. Die Höchstwerte erreichen 6°C im Nordosten und knapp 11°C im Nds. Binnenland. Der Wind weht frisch bis stark aus westlichen Richtungen mit Windböen der Stärke 7 (~55km/h), im Nordosten auch Sturmböen 8-9Bf (~65-85km/h).
- Mittwoch, 06.04.2022: Bedeckt mit zeitweiligen Niederschlägen, die zum Nachmittag von Nordwesten einen zunehmend konvektiven Charakter bekommen. Die Temperaturen klettern auf 8°C an den Küsten und 13°C in den mittleren Landesteilen. Starker bis stürmischer Wind aus westlichen Richtungen mit verbreiteten Böen der Stärke 7-8 (~55-65km/h).
- Mittelfrist: Weiterhin wechselhaft mit zunehmend konvektiven Niederschlägen und wieder etwas sinkendem Temperaturniveau. Am Donnerstag könnte den nördlichen Landesteilen eine schwere Sturmlage ins Haus stehen, was allerdings noch mit einigen Unsicherheitsfaktoren behaftet ist. In den Mittelgebirgen zeitweilig Dauerregen mit größeren Niederschlagssummen nicht ausgeschlossen.
Ausblick:
Die Prognosegüte kann bis einschließlich zur Wochenmitte noch als einigermaßen gut bezeichnet werden, verschlechtert sich im weiteren Verlauf aber zunehmend. Bereits am Donnerstag gibt es größere Unsicherheiten bzgl. einer Sturmtiefentwicklung über Dänemark, was in unserer o.a. Analyse bereits ausreichend diskutiert wurde. Zum neuen Wochenende lässt sich feststellen, dass wir auf Basis der letzten Globalmodelle zwar im Trogbereich verbleiben, Geometrie und Randstörungen über Mitteleuropa von allen Modellen aber vollkommen unterschiedlich gerechnet werden. Das hat entsprechend auch Auswirkungen auf kleinere Sturm- und Niederschlagsschwerpunkte – eine weitere Diskussion wäre aufgrund der Unsicherheiten zum jetzigen Zeitpunkt nicht zielführend. In der erweiterten Mittelfrist tendieren alle Modelle in Richtung Höhenrücken Mitteleuropa und einem mehr oder minder ausgeprägten markanten Warmluftvorstoß auf dessen Westflanke. Auch wenn Amplitude, Lage und Bodenfeld noch unterschiedlich gerechnet werden, geht der Trend eindeutig in Richtung Milderung!
RZ Hannover