Einen wunderschönen guten Abend in den Norden. Nach einer Reihe sehr kräftiger Sturmereignisse beruhigt sich die Wetterlage im Laufe der kommenden Woche allmählich, so dass auch unsere Arbeitslast endlich etwas abnehmen sollte. Wirft man einen Blick auf die Spitzenböen im Stationsnetz des Deutschen Wetterdienstes, so konnte der Leuchtturm Alte Weser mit 162km/h den Vogel abschießen. Auch im restlichen Vorhersagebereich hat der Sturm mit sehr verbreiteten orkanartigen Böen bis knapp 110km/h zu Buche geschlagen, was in dieser Form tatsächlich nicht alle Jahr auftritt. In der kommenden Nacht müssen wir allerdings nochmals durch ein kleines „Maximum“ durch. Wie auch immer, es ist Sonntag – Zeit für einen kleinen Ausblick in die Mittelfrist, bzw. erweiterte Mittelfristprognose!
Analyse
Norddeutschland liegt aktuell auf der Rückseite eines nach Polen abgezogenen Troges und verbleibt weiterhin in einer sehr frischen westlichen Grundströmung. Südlich von Island hat sich unterdessen ein neuer Sturmwirbel mit mehreren Kernen etabliert, der samt Höhentrog in der Nacht auf Montag auf unseren Vorhersagebereich übergreift. Die dazugehörige Kaltfront schwenkt im Laufe der zweiten Nachthälfte südostwärts über unseren Bereich und sorgt nochmals verbreitet für schwere Sturmböen der Stärke 10 (~95km/h), bei guter Durchmischung auch orkanartige Böen 11Bf (~105km/h)! Tagsüber überqueren sowohl Höhen-, als auch Bodentrog unseren Bereich ostwärts, so dass die Böigkeit besonders in Verbindung kräftiger Schauer (inkl. einzelner Kaltluftgewitter) nach einer kurzen Pause wieder auf 9-10Bf (~85-95km/h) aufdreht, entlang der Ostsee exp. 11Bf (~105km/h). Rückseitig wird ein Schwall maritim erwärmter Polarluft erwartet, so dass die Schauer je nach Tageszeit oberhalb etwa 300-500m in Schnee übergehen. Im weiteren Verlauf schiebt ein Ableger des Azorenhochs kurzzeitig einen Höhenrücken in Richtung Mitteleuropa, wovon wir allerdings kaum profitieren, da zur Wochenmitte von Nordwesten der nächste Trog folgt. Bis zum Wochenende wiederholt sich das Muster Rücken/Trog nochmals, bevor sich am Wochenende von Südwesten voraussichtlich höherer Druck durchsetzen kann, was die Frontalzone deutlich in Richtung Nordwesten/Norden abdrängen sollte. Diese Entwicklung wird leider nicht von allen Globalmodellen getragen. Ein Großteil der verschiedenen Kandidaten zeigt in den jeweiligen Hauptläufen in Punkto Luftdruck aber tendenziell nach oben. Ob sich daraus eine ruhige Hochdrucklage über Mitteleuropa (GFS, ICON), eine Randlage (GEM) oder sogar eine Troglage (NAVGEM) einstellt, bleibt abzuwarten. Das Temperaturniveau geht allerdings etwas zurück und liegt am Wochenende im mittleren einstelligen Bereich, nachts ist mit leichtem Luftfrost zu rechnen.
Überblick:
- Montag, 21.02.2022: In den frühen Morgenstunden wolkig bis stark bewölkt mit einzelnen kräftigen Regen-, Schnee- und Graupelschauern, vereinzelt Gewitter. Im weiteren Verlauf von Westen aufkommender Regen, der uns zum Abend südostwärts verlässt. Rückseitig kann die Bewölkung etwas auflockern. Die Höchstwerte erreichen 3°C im Osten und 7°C an der Grenze zu den Niederlanden. Stürmischer Südwestwind mit Sturmböen der Stärke 8-9 (~65-85km/h), an der Ostsee und in exp. Lagen schwere Sturmböen 10Bf (~95km/h) oder orkanartige Böen 11Bf (~105km/h) – NW drehend.
- Dienstag, 22.02.2022: In der Mitte und im Osten anfangs teils aufgelockert, ansonsten von Westen neuer Regen. Die Höchstwerte erreichen 5°C im Nordosten und knapp 9°C in der Grafschaft. Der Wind weht frisch bis stark aus südwestlichen Richtungen mit Windböen der Stärke 7 (~55km/h), entlang der Küsten stürmische Böen 8Bf (~65km/h), NW drehend.
- Mittwoch, 23.02.2022: Überwiegend wolkig mit längeren sonnigen Abschnitten, trocken. Die Höchstwerte erreichen 7°C im Nordosten und knapp 11°C im südwestlichen Niedersachsen. Der Wind bleibt frisch bis stark und weht aus meist südwestlichen Richtungen. Strichweise sind weiterhin einzelne Windböen der Stärke 7 (~55km/h), entlang der Küsten exp. noch stürmische Böen 8Bf (~65km/h).
- Mittelfrist: In der zweiten Wochenhälfte von Nordwesten neue Niederschläge, die im weiteren Verlauf in windiges Schauerwetter übergehen. Die Schneefallgrenze sinkt auf etwa 300-400m, so dass in höheren Lagen mit Glätte durch Überfrieren, Schneematsch oder geringf. Neuschnee gerechnet werden muss. Die Höchstwerte bewegen sich zwischen 3°C und 6°C, nachts ist mit leichtem Frost zu rechnen. Das kommende Wochenende könnte unter Hochdruckeinfluss recht freundlich werden.
Ausblick:
In der erweiterten Mittelfrist gehen die Lösungen weiter auseinander, wobei ein Großteil der Globalmodelle bei einer GWL HM (Hoch Mitteleuropa) oder BM (Brücke Mitteleuropa) verbleiben möchte. Ein Blick auf den NAO-Index zeigt überwiegend das Regime NAO+, was mit einer neuerlichen kräftigen Zyklogenese (Prognose) im Bereich Island in Zusammenhang stehen sollte. Ein paar Varianten scheinen allerdings so langsam in Richtung „Blocking“ zu tendieren, was den Übergang zu einem meridionalen Strömungmuster über Europa wahrscheinlicher werden lässt. Ein Blick auf die Rauchfahne der Station Hannover zeigt bis zum kommenden Wochenende eine gute Übereinstimmung bzgl. des wechselnden Wellenmusters und will die Temperaturen in der Folgewoche deutlich steigen lassen. Wie man es auch dreht und wendet, die Unsicherheiten in den Prognosen nehmen deutlich zu, so dass eine konkrete Aussage an dieser Stelle wenig Sinn ergibt. Betrachtet man z.B. den Parameter Bodentemperatur, so werden keine krassen Ausreißer nach oben/unten erwartet. Ähnlich sieht es beim Wind aus, der zwar weiterhin vergleichsweise frisch bis stark unterwegs ist, ein neuerliches krasses Sturmereignis ist allerdings wenig wahrscheinlich. In diesem Sinne wünschen wir euch einen guten Start in die neue Woche.
RZ Hannover